
Vernetzte Systeme durch Systemintegration
Fahrerlose Transportsysteme (FTS) ermöglichen einen automatisierten, flexiblen innerbetrieblichen Materialfluss in Logistik und Produktion. Die Auswahl an FTS-Herstellern ist groß und deckt ein umfangreiches Leistungsspektrum ab. Das Problem: Fahrzeuge kommunizieren in den meisten Fällen nur mit der Leitsteuerung des eigenen Herstellers, was zu Insellösungen führt. Um FTS unterschiedlicher Anbieter in einem heterogenen Maschinenpark trotzdem zu vernetzen, wurde in den vergangenen Jahren die herstellerunabhängige Schnittstelle VDA 5050 entwickelt – initiiert von den Verbänden VDA und VDMA.
Die VDA 5050 ist ein Beispiel für eine herstellerunabhängige Schnittstelle in der Intralogistik, die zur Kommunikation zwischen fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und einer Leitsteuerung dient. Sie basiert auf einer standardisierten, offenen Datenstruktur, die im Datenformat JSON abgebildet und über den Kommunikationsstandard MQTT übertragen wird. Ziel solcher Schnittstellen ist es, einheitliches Kommunikationsprotokoll bereitzustellen, das von allen Nutzern verstanden wird.
Standards wie die VDA 5050 ermöglichen jedem Betreiber eine herstellerunabhängige Integration verschiedener FTS-Typen und -Marken in ein zentrales Leitsystem. Schnittstellen dieser Art reduzieren proprietäre Anbindungen und vereinheitlichen die Kommunikation zwischen Fahrzeugen unterschiedlicher Anbieter. Auf diese Weise können auch bestehende Flotten an neue Anforderungen angepasst und bei Bedarf ergänzt oder ausgetauscht werden.
Automatisierung Ende zu Ende gedacht
Um einen automatisierten und durchgängigen Materialfluss vom Wareneingang bis zur Maschine und von der Maschine bis zum Versand zu gewährleisten, müssen stationäre Lagersysteme, Fördertechnik und fahrerlose Fahrzeuge miteinander kommunizieren. In einem Fallbeispiel bei dem mittelständischen Anbieter von Brandschutz- und Gebäudetechnik Wildeboer findet die Kopplung von stationärer Fördertechnik mit FTS-Systemen sowohl für Paletten wie auch für KLT-Behälter statt. Und das in beide Richtungen: für die Produktionsversorgung und für die Vereinnahmung der produzierten Ware. Die FTS-Flotte wird von einem neutralen Flottenmanagementsystem koordiniert, das seine Fahrzeuge über die standardisierte Schnittstelle steuert.
Diese Logistiklösung haben das ostfriesische Familienunternehmen und Unitechnik gemeinsam konzipiert. Ziel war eine Systemarchitektur, die sowohl bestehende Fördertechnik als auch fahrerlose Transportsysteme flexibel miteinander verbindet und bei Bedarf erweitert werden kann. Die gesamte FTS-Infrastruktur hat der Anlagenbetreiber selbst konzipiert, beauftragt und in Betrieb genommen. Das automatisierte Logistikzentrum steuerte der Wiehler Generalunternehmer bei.
Die Intralogistik umfasst in diesem Fall folgende Schritte.
Vom Wareneingang zur Produktion: Materialien werden in einem zentralen Wareneingang erfasst und im Hochregallager sowie einem Kleinteilelager gelagert. Die für die Produktion erforderlichen Mengen werden kommissioniert und sequenziert auf der Fördertechnik bereitgestellt. Ein FTS holt die Ware ab und transportiert sie in einen Supermarkt in der Nähe der Maschine.
Von der Produktion bis zum Versand: Die produzierte Ware wird vom FTS abgeholt, an die stationäre Fördertechnik übergeben und zwischengelagert. Aufträge werden kommissioniert und automatisch in den Versandpuffer transportiert. Bei Abruf eines Auftrags werden die Paletten nachverdichtet und versandfertig gemacht.
Diese Integration von stationären Lagersystemen, Fördertechnik und fahrerlosen Transportsystemen bildet die Grundlage für einen durchgängigen Materialfluss aus einem Guss, der den aktuellen Bedarf abdeckt und Raum für zukünftige Technologien bietet. So bleibt das System offen für Erweiterungen, wie die künftige Integration von VDA-5050-kompatiblen FTS.


Checkliste: Wann sich eine herstellerunabhängige Leitsteuerung lohnt
- Wenn Sie Bedarf an unterschiedlichen Fahrzeugen haben (z. B. für Behältertransport, Palettentransport oder Reinigung).
- Wenn Sie schrittweise investieren wollen.
- Wenn Sie sich nicht auf Dauer auf einen FTS-Anbieter festlegen wollen.
- Wenn Sie bei der Auswahl eines Flottenmanagementsystems unabhängig bleiben wollen.
- Wenn Sie verschiedene FTS-Fahrzeuge nahtlos in Ihre stationäre Lager- und Fördertechnik integrieren wollen.
Fazit: Systemarchitektur statt Insellösungen
Automatisierung bedeutet nicht, den besten Roboter zu wählen, sondern eine Systemarchitektur zu schaffen, in der alle Komponenten sinnvoll zusammenspielen. Standardisierte Schnittstellen wie VDA 5050 sind dabei kein Selbstzweck, sondern ein wichtiger Baustein für die Flexibilität, die Unternehmen künftig brauchen. Wer frühzeitig auf die richtige Systemarchitektur setzt und mit einem erfahrenen Integrator arbeitet, schafft die Grundlage dafür, dass stationäre und mobile Systeme herstellerunabhängig miteinander vernetzt werden.
Leave a Reply