Veränderungskompetenz und individuelle sowie organisationale Resilienz (als psychische Widerstandskraft) scheinen heute immer notwendigere Fähigkeiten.
Dies gilt natürlich auch für Führungskräfte: Denn die sollen ihren Mitarbeitenden Orientierung und dem um sich greifenden Gefühl des Kontrollverlusts einen guten Halt bieten. Gar nicht so einfach!
Denn dafür benötigen sie natürlich selbst die notwendige Resilienz in ihrer Persönlichkeit und ihrem Verhalten – mit den entsprechenden Ressourcen, z.B. der Fähigkeit gelassen zu bleiben, optimistisch zu denken, flexibler zu handeln und systemischer Lösungskompetenz u.a.
Dass wir uns an einem technologischen Wendepunkt befinden, steht glaub ich weitestgehend außer Frage. Mit der AI, der künstlichen Intelligenz, haben wir Chancen zu nutzen und Herausforderungen zu bewältigen, die anders sind als viele vorherigen Veränderungen. Denn es geht in psychologischer Hinsicht nun, wenn man so will, noch mehr „ums Eingemachte“ – um die persönliche Existenz.
Und genau das ist möglicherweise auch mit ein Grund, warum der Ruf nach menschlicher „psychischer Stärke“ immer lauter wird.
Wir entscheiden über neue Technologien.
In all den schnellen und teils auch beängstigenden Entwicklungen sollten wir uns eins immer klar machen: Wir können – durch sehr bewusste Auseinandersetzung und Gesprächen miteinander – am Steuerruder bleiben. Manchmal scheint es so, als ob schnell vergessen wird, dass wir nicht passiv zuschauen müssen.
Wie – und ob – wir sie sinnvoll nutzen, diese neue Entwicklung KI, liegt in unserem Einfluss- und Gestaltungsbereich.
Es gilt also möglicherweise vom „es passiert uns“ mehr ins „wir gestalten es miteinander“-Denken und Handeln zu kommen.
Ein Denk-Modell, das im systemischen Coaching Orientierung gibt, könnte hier unterstützen:
„Der Circle of Influence“, entwickelt von Stephen Covey.

Drei Kreise. Drei Perspektiven. Drei Haltungen.
Dieses Modell unterscheidet drei Ebenen unserer Aufmerksamkeit:
Circle of Concern –
alles, was uns beschäftigt, aber außerhalb unseres Einflusses liegt.
Circle of Influence –
alles, worauf wir mittelbar Einfluss nehmen können.
Circle of Control –
alles, was wir direkt gestalten können.
Möglicherweise sollten wir uns mehr auf den „Circel of Control & Influence“ konzentrieren, also Verantwortung zu übernehmen und aktiv zu gestalten. Der „Circle of Concern“ bringt uns möglicherweise, wenn wir ihm (ausschließlich) zu viel Aufmerksamkeit schenken, in psychische Instabilität.
Das passiert, weil wir dann denken, dass wir nicht mehr ausreichend selbst handlungsfähig sind, Dinge zu bewirken und zu lösen.
Ein Praxis Beispiel & Vergleich
Wenn man Unternehmen befragt, die gezielt in Organisationen Mitarbeitenden Umfragen zum Thema „Digitalisierung & AI“ durchführen, dann sind folgende Eckdaten von Studien und Kundenprojekten ggf. interessant:
– Ältere Mitarbeitende nutzen KI weniger und kennen sich weniger aus
– Die Branche der UnternehmensdienstleisterInnen nutzt KI am meisten, also Mitarbeitende dort kennen sich am besten aus
– hauptsächlich genutzt: ChatGPT, Übersetzungstools und virtuelle Assistenten
– Trainings und Richtlinien werden von Mitarbeitenden gewünscht
– Effizienzsteigerung, insbesondere bei sich wiederholenden Prozessen, führt zu mehr Zeit für Mitarbeitende für anspruchsvollere oder kreative Aufgaben
– KI wird als Treiber der Wettbewerbsfähigkeit wahrgenommen
Ängste/Unsicherheiten/Bedenken wurden bei der Digitalisierung durch mangelnde Kenntnisse “getriggert“.
Dieser Zusammenhang besteht bei KI nicht.
Diese Ergebnisse lassen die Hypothese zu, dass bei der Digitalisierung die Menschen Angst haben, abgehangen zu werden. Die Unsicherheit und Angst davor, die ganzen neuen Tools nicht gut bedienen zu können, nicht gut damit klar zu kommen, war und ist ein großes Thema. Da kann – je nachdem, wie gut das Unternehmen darauf ein und damit umgeht – mit wirkungsvoller Kommunikation und Training sowie Weiterbildung die Angst genommen werden.
Bei der KI ist es anders. Es geht nicht mehr darum, dass man die Tools nicht bedienen kann (denn das ist ja meist, jedenfalls im Basis Wissen, sehr einfach), sondern dass man von den Tools ersetzt wird. Und hier sind wir psychologisch möglicherweise in einem Bereich, wo stärkere Ängste großen Widerstand, Hilflosigkeit und auch Lähmung hervorrufen können: die Existenzangst.
Vom Umgang mit Existenzangst
Es gibt verschiedene funktionale Strategien, um mit Ängsten umzugehen. Wichtig ist, die Angst nicht auszublenden und zu verdrängen. Sie wird sich früher oder später sowieso äußern, und dann wird es ggf. umso schwerer mit ihr umzugehen.
Die Angst zu erkennen, zu akzeptieren, über sie zu sprechen und schrittweise Lösungen zu suchen, scheint da der wirkungsvollere Weg zu sein. Ein realistischer Blick auf die Situation, das Reflektieren über die eigenen Erfahrungen und das Entwickeln eines Plans können helfen, die Angst zu reduzieren bzw. sie zu überwinden.
Strategien zur Bewältigung von Existenzängsten:
- Akzeptanz der Angst
Die Angst kann ein Hinweis auf Probleme sein und sollte ernst genommen werden. Daher ist es wichtig darüber ins Gespräch zu kommen. Sprechenden Menschen und Organisationen kann geholfen werden.
- Sich der Angst stellen
Anstatt die Angst zu vermeiden, kann es hilfreich sein, sich ihr bewusst zu stellen und sie zu untersuchen. Was genau löst die Angst aus?
- Realistische Betrachtung der Situation
Analysieren Sie die Situation möglichst objektiv und suchen Sie nach Lösungen, anstatt sich nur auf Probleme zu konzentrieren.
Für Unternehmen hieße das dann, auch ganz anders in die Kommunikation zu gehen, wenn man diese Form der Ängste „behandeln“ möchte. Hier sind bestenfalls Fachleute mit psychologischem Wissen und Erfahrung unterstützend ratsam, um individuelle und organisational sinnvolle und wirksame Kommunikationsstrategien effektiv aufzubauen.
Ein paar Anregungen zum Schluss, um ins Tun und Gestalten zu kommen:
- Daten erheben – den Austausch suchen
Sprechen Sie KollegInnen und Teams aktiv an, bei denen Sie den Eindruck haben, dass eine solche Angst vorherrschen könnte. Teilen Sie auch selbst Ihre Erfahrungen und regen Sie zum Dialog über Emotionen an.
- Bestandsaufnahme machen
Schreiben Sie Ängste und Sorgen auf. Schauen Sie dann, was Sie davon selbst beeinflussen können und was nicht. Es gilt dann an Lösungen für Probleme zu arbeiten, auf die wir Einfluss nehmen können. Versuchen wir, nicht zu sehr über die Dinge zu grübeln, die außerhalb unseres Einflusses liegen (Circle of Concern).
Dieser Austausch und ein Teil der Bestandsaufnahme können sehr gut auch durch professionelle Befragungen in Unternehmen angestoßen werden.
- Auf die eigenen Stärken besinnen
Was können wir gut? Was macht uns stark/resilient? Es gilt das Vertrauen zu erhöhen, dass der Mensch sich selbst nicht überflüssig macht!
- Selbstgespür & Resilienz trainieren
Zum Beispiel kann individuelles Coaching und Teamcoaching Sie dabei unterstützen, Ängste zu besprechen, Stress abzubauen und individuelle Strategien zu gestalten. Und auch „im Kleinen“ sollten Sie für sich selbst gut sorgen: Schon mit kurzen, einfachen Übungen kann man eine große Wirkung erzielen, wie zum Beispiel über gezielte Entspannungstechniken wie das bewusste Atmen im Alltag – wenn die Angst versucht, Sie zu kontrollieren.
Sprechen Sie uns systemiker gerne an, wenn Sie tiefer in das Thema einsteigen möchten (www.die-systemiker.de).
Und notieren Sie sich auch gern schon das BVL Webinar mit uns zu diesem Thema am 16. September.
Verena Arnhold, die systemiker Münster
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