Urbane Logistik 2030 in Deutschland: Zwischen Wilder Westen und Stadtplattform
Gemeinsam wagen die Bundesvereinigung Logistik (BVL) und Roland Berger einen Blick in die Zukunft der urbanen Logistik in deutschen Städten. Während im Ökosystem Stadt vor allem Stichworte der urbanen Mobilität wie "Autonomes Fahren" oder "Ride Pooling" die Schlagzeilen füllen, wird die urbane Logistik aktuell weit weniger häufig behandelt. Weil mit der Zunahme innerstädtischer Warenströme die teilweise komplexen Anforderungen verschiedener Interessengruppen (Stadt, Logistiker, Händler und Bürger) immer stärker aufeinanderprallen, steigt hier jedoch der Handlungsbedarf massiv. Das wird noch verstärkt durch Trends wie Urbanisierung, den Siegeszug des E-Commerce, höhere Ansprüche bei den Kunden und steigende Anforderungen des Einzelhandels sowie Anforderungen an Lärm- und Abgasemissionen.
Auf Basis von Einschätzungen von Experten aus Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Wissenschaft wurden die kritischen Unsicherheiten identifiziert. Diese wurden zwei wesentlichen Dimensionen zugeordnet: Regulierung der urbanen Logistik durch die Städte sowie Kooperation der Akteure innerhalb der Stadt. Entlang dieser beiden Dimensionen entstand ein Denkmodell mit vier Szenarien:
Wilder Westen: Immer mehr Logistikanbieter konkurrieren mit innovativen Zustellkonzepten um die Gunst der Kunden.
Regulierte Vielfalt: Die Stadt definiert und überwacht einen regulatorischen Rahmen, um die urbanen Logistikverkehre effizienter zu steuern und das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Starker Wettbewerb zwischen den Anbietern verhindert die Einführung von Kooperationen und Standards.
Stadtplattform: Alle urbanen Lieferkapazitäten laufen auf einer Plattform zusammen. Diese Plattform bündelt die Warenströme anbieterübergreifend und optimiert mithilfe dezentraler Lager die Belieferung auf der letzten Meile
Koexistenz der Großen: Es entstehen wenige große, konkurrierende Plattformen, welche die urbane Logistik dominieren. Durch eine steigende Nutzerzahl und ein erhöhtes Liefervolumen können die Plattformen Logistikverkehre effizienter bündeln.
Die skizzierten Szenarien beschreiben die langfristige Perspektive. Wichtig ist es jedoch, dass die Weichen bereits kurz- und mittelfristig gestellt werden, um die urbane Logistik 2030 aktiv zu gestalten. Gemeinsames Ziel aller Akteure sollte es sein, das Szenario "Wilder Westen" zu verhindern. Ansatzpunkte sind beispielsweise
die Schaffung eines Ordnungs- und Sanktionierungsrahmens für die urbane Logistik durch die Stadt (Regulierte Vielfalt),
die Integration des Managements von Logistikverkehren (Stadtplattform) oder
die Förderung der Konsolidierung auf wenigen Plattformen (Koexistenz der Großen).
Im Sinne einer wenigstens nicht weiter abnehmenden Lebensqualität in unseren wachsenden Städten sollten jetzt alle beteiligten Akteure den Dialog suchen beziehungsweise intensivieren.