Das BTA-Tiefbohrverfahren ist ein Verfahren zur Bearbeitung von großen Bohrungsdurchmessern und Bohrtiefen. Hierbei wird der Mittenverlauf der erzeugten Bohrung mit zunehmender Bohrtiefe ein kritisches Qualitätsmerkmal. Insbesondere bei großen Bohrtiefen und hohen Qualitätsanforderungen kann eine zu große Abweichung von der idealen Bohrungsachse zu einer Ausschussproduktion führen, wodurch neben den eingesetzten Fertigungskosten aufgrund der Rohteilkosten durch die großen Werkstückdimensionen erhebliche Ausschusskosten entstehen. In der industriellen Praxis werden manuelle Verfahren mit zeitintensiver Korrektur zur Reduzierung des Bohrerverlaufes verwendet, welches folglich zu erhöhten Fertigungskosten führt. Das Verfahren basiert auf Messung der Wandstärke durch Ultraschall. Der Maschinenbediener korrigiert anschließend die Lage auf Basis seiner Erfahrung.Im Rahmen dieses Projektes soll ein mechatronisches Werkzeugsystem entwickelt werden, durch dessen Einsatz die zeit- und kostenintensiven Ausrichtvorgänge vermieden werden können. Hierbei erfolgt zunächst eine grundlegende Analyse zur Entstehung, Erfassung und Kompensation des Mittenverlaufes. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wird anschließend ein Sonderbohrgestänge gefertigt, das eine gezielte Abdrängung des Bohrkopfes ermöglicht. Dieses Bohrgestänge wird durch ein mechatronisches System gesteuert. Durch eine prozessparallele Erfassung und Analyse des Mittenverlaufes, werden kontinuierlich werkzeugseitige Kompensationen eingeleitet. Das System führt die Kompensation selbsttätig, ohne Unterbrechung des Bohrprozesses durch. Aufgrund der im System hinterlegten Gesetzmäßigkeiten werden reproduzierbar anforderungsgerechte Tiefbohrungen erzeugt und damit die bisher erheblichen Ausschusskosten signifikant reduziert, was einen deutlichen Nutzen für die KmU darstellt. Insgesamt ermöglicht das neue Werkzeugsystem somit die automatische, produktive Fertigung qualitativ hochwertiger Bohrungen mit dem BTA-Tiefbohren.
Ergebniszusammenfassung:
Im Projekt wurde ein System zur prozesssimultanen Kompensation des Mittenverlaufs beim BTA-Tiefbohren entwickelt und erforscht. Durch eine neuentwickelte, gefertigte und erprobte Kompensationseinheit, die zwischen Bohrkopf und Bohrrohr montiert wird, ist mithilfe einer radial ausstellbaren Regelleiste und einem innovativen Aktorikkonzept eine gezielte Verkippung des Bohrkopfs und somit eine zielgerichtete Beeinflussung des Mittenverlaufs im laufenden Prozess möglich. Das entwickelte Messsystem bietet erstmals die Möglichkeit, den Mittenverlauf während des Bohrprozesses in Betrag und Richtung zu erfassen. Im Vergleich zum Prozess ohne Regelung und Kompensationseinheit wurde die progressive Zunahme des Mittenverlaufs signifikant reduziert. Um die geforderte Regelgüte von maximal 0,2 mm Mittenverlauf pro Meter Bohrtiefe zu erreichen, wurden die Haupteinflussgrößen auf das Messsystem identifiziert und kompensiert. Zur Untersuchung des Systems wurde ein Systemmodell des Prozesses entwickelt. Auf Basis von Versuchsreihen erfolgte die Entwicklung einer Regelung sowie die Anwendung im Prozess. Nach einem Bohrweg von lB = 1.000 mm ist eine durchschnittliche Mittenverlaufsreduzierung von ca. 40 % realisierbar. Durch Realisierung und Erprobung des Demonstrators für das geregelte Tiefbohren wurde vorwettbewerbliches Wissen für die industrielle Umsetzbarkeit dieser Technologie geschaffen. Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Randbedingungen kann dieses Wissen direkt von industriellen Anwendern übernommen werden. Die erforderlichen Investitions- und Entwicklungskosten für die Umsetzung des Kompensationssystems werden durch die Anwendung des in diesem Forschungsvorhaben erarbeiteten Wissens reduziert.