Spannende Wochen für den Wirtschaftsbereich Logistik: Anfang Mai fand in München die höchst erfolgreiche internationale Leitmesse „transport logistic“ statt, die ihrer Rolle als Seismograph für Stimmungen und Perspektiven der Wirtschaft wieder in vollem Umfang gerecht wurde. Flankiert wurde sie von einem der zahlreichen Lokführerstreiks, gefolgt vom Streik der Erzieher/innen in Kindertagesstätten, der alleinerziehende Berufstätige, aber auch berufstätige Paare besonders hart trifft, und schließlich von Streiks der Brief- und Paketzusteller, die sich belastend auf alle Verbraucher auswirken, aber auch auf die Industrie- und Handelsunternehmen, die auf pünktliche und präzise Lieferungen angewiesen sind. Genau in diesem Zeitfenster erfolgte die Mai-/Juni-Umfrage zum Logistik-Indikator der BVL. Die Befragten in Industrie, Handel und Dienstleistung zeigten sich von den Turbulenzen wenig beeindruckt, da ihre Vorsorge- und Notfallsysteme erwartungsgemäß funktionierten. Der Klimawert des Gesamtindikators stieg weiter an, erreichte damit das Niveau des Frühsommers 2014 – und liegt damit sicher im expansiven Bereich.
Dienstleister und Verlader sind sich in der Einschätzung von Lage und Erwartung bis auf einen Punkt einig – und dieser stimmt eher optimistisch: Die Erwartungen in Industrie und Handel übertreffen im Moment diejenigen der Dienstleister, was darauf schließen lässt, dass diese im kommenden Quartal unter dem Eindruck steigender Auftragseingänge zu ihren Kunden aufschließen werden. Tatsächlich wird in der kurzfristigen Einschätzung auf beiden Marktseiten mit einer weiteren Verbesserung des Geschäftsverlaufs gerechnet. All dies passt zu den Zahlen, die das Statistische Bundesamt Anfang Juni vorlegte. Die Industrieproduktion hat zu Beginn des zweiten Quartals deutlich angezogen, es wird mehr exportiert – und es wird weiterhin Personal aufgebaut.
Bei der Befragung zum Logistik-Indikator warf die BVL auch einen Blick auf mögliche Störfaktoren. Rund 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, sich aktiv mit der Kontrolle und dem Management von Risiken zu befassen. Als größtes Risiko für die positive weitere Entwicklung wird mit Abstand der Fachkräftemangel eingeschätzt, gefolgt von der in Teilen mangelhaften Verkehrsinfrastruktur und – neu! – der aktuellen Streiktendenz in Deutschland. Es folgen die Ukrainekrise und das Embargo gegenüber Russland sowie die Euro- und Griechenlandkrise. An erster Stelle der Maßnahmen stehen die systematische Analyse eingetretener Schadensfälle, proaktive Risikomanagement-Systeme, aber auch die bewusste Risikovermeidung.
Fachkräfte, die mit der Komplexität von Warenströmen umgehen können, brauchen attraktive Qualifizierungsangebote und Arbeitsplätze mit wettbewerbsfähiger Bezahlung, die von Tarifpartnern vereinbart wurden. Dafür steht der Wirtschaftsbereich Logistik, der sehr gerne auch Zuwanderer in verschiedenste Bereiche des Arbeitsmarktes integrieren möchte. Zur Bereitstellung einer hinreichenden Infrastruktur sind entscheidende Weichenstellungen der Politik nötig, damit Deutschland Logistik-Weltmeister bleiben kann. Diese Themen werden beim 32. Deutschen Logistik-Kongress im Oktober in Berlin unter dem Leitgedanken „Eine Welt in Bewegung“ im Mittelpunkt stehen.