Ein Spurassistent aus der Fahrzeugelektronik kann als Metapher dienen: Wird ein Fahrzeug zu stark beschleunigt oder eine Kurve mit zu viel Schwung durchfahren, greift er warnend ein. Der Logistik-Indikator hat sich ebenfalls als verlässlicher Hinweisgeber etabliert. Alle realwirtschaftlichen Signale stehen auf Grün: Trotz politischer Krisen scheint die Wirtschaft zurzeit auf einem stabilen Kurs zu sein: Die Wachstumsprognose der Bundesregierung liegt für 2014 bei zwei Prozent nach 1,8 Prozent im Jahr 2013, der Ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft stieg im Februar ein weiteres Mal an. Auch der Logistik-Indikator für das erste Quartal 2014 zeigt weiterhin Erwartungswerte, die oberhalb der Lageeinschätzung liegen.
Aber diese Erwartungswerte für die nächsten zwölf Monate sinken gegenüber denen des Vorquartals. Der Rückgang ist bei den Logistik-Dienstleistern deutlicher als bei Einschätzungen der Supply Chain-Verantwortlichen aus Industrie und Handel. Und wenn nach den kurzfristigen Erwartungen für das kommende Quartal gefragt wird, so sind diese besser als zum Jahresbeginn. 40 Prozent der Anfang bis Mitte März Befragten rechnen mit einer Verbesserung der Geschäftslage in den nächsten drei Monaten, der Vergleichswert im Vorquartal lag nur bei 22 Prozent. Die sich zuspitzende Krim-Krise nimmt bislang nur sehr geringen Einfluss auf die Geschäftserwartungen. Ist das Wunschdenken?
In Weltmarktdimensionen betrachtet, prägt Volatilität die Rahmenbedingungen für Unternehmen. Steigende Kundenerwartungen und hoher Kostendruck durch globale Märkte führen bei Produktspektren und Handelsvolumina zu Abhängigkeiten und Nachfrageschwankungen. Schneller werdende Markt- und Technologieentwicklungen verstärken diese Effekte. Studien der BVL belegen dies und zeigen zudem auf, dass Qualität und Pünktlichkeit abnehmen, wenn die Anforderungen an die Unternehmen in den Wertschöpfungsketten zu hoch werden. Nun kommt eine handfeste politische Krise hinzu, die das Potenzial hat, globale Wirkungen zu zeigen. In solchen Situationen verlässliche Prognosen zu treffen, ist fast unmöglich.
Das Szenario kann mit „gefühlte Unsicherheit“ beschrieben werden, deren Ursachen vielfältig sind. Im ersten Quartal 2014 hat sich einer der Motoren der Weltwirtschaft, der chinesische Markt, nicht so nachhaltig stabilisiert, wie erwartet. Die sich verschärfende politische Krise um die Ukraine könnte wirtschaftlich ausstrahlen, die Börsen reagieren nervös. In Deutschland gibt es Unsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Energiekosten. Die Verhandlungen zwischen der EU und den USA zu einer möglichen transatlantischen Freihandelszone sind ins Stocken gekommen. Vom Abschluss dieses Abkommens erwartet die Mehrheit der Unternehmen Wachstumsimpulse, die nun auf sich warten lassen werden.
Doch allen Verunsicherungen zum Trotz: Auftragseingang, Kapazitätsauslastung, Personaleinsatz oder Investitionen weichen nicht signifikant von den Werten des Vorquartals ab. Notfallpläne oder Strategiewechsel sollten vorerst in der Schublade bleiben – und die wirtschaftliche Großwetterlage unter sehr aufmerksamer Beobachtung.